KYC-Bereinigungsprojekte lassen sich dank künstlicher Intelligenz vermeiden

Die gestiegenen internationalen Compliance-Anforderungen sowie die mangelnden Investitionen in diesem Bereich machten grosse KYC-Bereinigungsprojekte nötig. Ist aber mit einem solchen Projekt das Qualitätsproblem behoben? Mittel- und langfristig sicherlich nicht. Nebst den einmaligen Investitionen werden auch kontinuierliche Anstrengungen benötigt, um die Qualität von KYC-Informationen aufrechtzuerhalten und damit zu verhindern, dass schon bald das nächste Bereinigungsprojekt umzusetzen ist.

Wo ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) von Vorteil?

Nebst kultureller und prozessualer Aspekte in einer Bank ist die Allokation von finanziellen Mitteln mitunter eines der wichtigsten Themen, um eine beständige, hohe KYC-Qualität zu gewährleisten. Compliance-Abteilungen und -Experten stellen einen nicht unwesentlichen Bestandteil der Ausgaben dar. Jährliche Reviews und damit die kontinuierliche Qualitätssicherung binden einen grossen Anteil deren. Insofern macht es Sinn, den Einsatz von Systemen, welche auf der Nutzung künstlicher Intelligenz basieren, zu prüfen und so die Qualitätssicherungsmassnahmen gegebenenfalls kostengünstiger realisieren zu können.

Roboter - ein sinnvoller Zwischenschritt

Eine Technologie, die heute bereits verbreitet zum Einsatz kommt, um die Effizienz zu steigern, sind Roboter, welche bestehende Prozesse automatisieren («Robotic Process Automation»). Diese helfen, repetitive Aufgaben für den Compliance-Mitarbeiter teilweise oder ganz zu eliminieren. Ein typisches Beispiel dafür ist das automatische Zusammenstellen von «Open Source»-Informationen. Die Compliance-Entscheidung, ob ein KYC den Ansprüchen einer Bank genügt, wird jedoch weiterhin durch eine Fachkraft wahrgenommen. Roboter sind also insbesondere für die Vorarbeiten hilfreich.

Natürliche Sprachverarbeitung als nächster Schritt

Nun auch die inhaltliche Qualität des KYC teilweise oder ganz durch einen Computer bestimmen zu lassen, scheint auf der Hand zu liegen und der nächste logische Schritt zu sein. Gerade nach den letzten Jahren, in denen künstliche Intelligenz dank mehr Rechenleistung einen Aufschwung erlebt hat, dürfte es durchaus sinnvoll sein, dies zu prüfen. Da KYC-Files eine grosse Menge an unstrukturierten Informationen enthalten, ist einer der vielversprechendsten Ansatzpunkte die natürliche Sprachverarbeitung («Natural Language Processing», NLP). Hierbei werden ganze Texte in Form komplexer Matrizen vektorisiert und anschliessend in einem mathematischen Modell abgebildet. Dazu werden zunächst während einer Trainingsphase bisherige Bewertungen eines Compliance Officers und die zugrundeliegenden KYC-Daten als Input erfasst und durch mehrere Iterationen ein Modell erlernt. In der Folge kann dadurch nicht nur unmittelbar die Qualität eines KYC-Files ermittelt, sondern auch bereits Verbesserungsvorschläge für den Kundenberater generiert werden. Dadurch lassen sich enorme Kosteneinsparungen realisieren - sei es beim Kunden-Onboarding oder dem jährlichen KYC-Review.

Der Compliance Officer der Zukunft

Je nach Strategie kann sich nun ein Compliance-Verantwortlicher überlegen, ob die gewonnene Effizienz für anderweitige Compliance-Tätigkeiten genutzt oder ein Beitrag zu den überliegenden Kostenzielen realisiert werden soll. Sicher ist, dass sich die Funktion des Compliance Officers im positiven Sinne verändern wird. Dies dank des Wegfallens von fehleranfälligen und repetitiven zugunsten von investigativen und vielseitigen Tätigkeiten. Darüber hinaus werden auch die neu erlernten Fähigkeiten im Umgang mit KI-basierten Systemen eine interessante Bereicherung des Aufgabengebietes darstellen. Die Wichtigkeit eines Compliance Officers bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen wird dadurch also nicht tangiert, im Gegenteil: Der Compliance Officer wird auch zukünftig essentiell sein, um Finanzkriminalität zu unterbinden und Risiken zu minimieren.

13.08.2020