Neue Technologien als Treiber der Digitalisierung?

Der Finanzdienstleistungssektor befindet sich in einer umfassenden digitalen Transformation oder gar einem disruptiven Wandel. Treiber dieses Wandels ist die Digitalisierung, welche etablierte Geschäftsmodelle und -prozesse ins Wanken bringt. Die neuen Technologien ermöglichen es den Finanzdienstleistungsunternehmen, ihre Abläufe zu überarbeiten, diese effizienter und ansprechender zu gestalten und damit den steigenden Erwartungen ihrer Kunden gerecht zu werden. Allerdings vernachlässigen viele Banken weltweit angesichts verschärfter Regulierungen, niedriger Zinsen und hohen Kostendrucks das wachsende Bedürfnis der Kunden nach einer raschen Digitalisierung des Dienstleistungsangebots. Wirklich neue Angebote, welche auch die Masse ansprechen und von dieser denn auch genutzt werden, gibt es aktuell kaum.

Während sich viele etablierte Finanzdienstleister mit IT-Legacy-Problemen zu befassen haben, schafft das Aufkommen ebendieser Technologien Chancen für neuartige Unternehmen wie Fintechs und stellt die etablierten Player damit vor zusätzliche Herausforderungen. Darüber hinaus operieren Finanzdienstleistungsunternehmen in einem stark regulierten Umfeld und sind somit gezwungen, zwei grundlegende Ansprüche parallel zu erfüllen: die digitale Transformation voranzutreiben und gleichzeitig Forderungen nach mehr Transparenz, einer stärkeren Vertrauensbasis und umfassendem Datenschutz zu erfüllen. Mit der CSX zeigt die Credit Suisse, wie diese Bankenlandschaft künftig aussehen könnte. Die grossen Finanzinstitute testen den Markt mit einem hybriden Geschäftsmodell.

Digitalisierung: Nichts geht ohne Prozesse und Daten

Es ist entscheidend, Entwicklungen und Innovationen richtig zu deuten und den temporären Hype von einer Goldgrube unterscheiden zu können. Dementsprechend ist ein technologisch-strategischer Weitblick für Finanzdienstleister wichtig, um ihre Existenz in den kommenden Jahren sichern zu können. Folglich sollte für Unternehmen nicht ausschliesslich die Digitalisierung des aktuellen Dienstleistungsangebots und der bestehenden Prozesse im Zentrum stehen, sondern ebenso der Ausbau bzw. die Weiterentwicklung der Geschäftstätigkeiten in Anbetracht der neuen Technologien wie beispielsweise künstliche Intelligenz, Data Mining, virtuelle Realität und Blockchain. Die Grundlage zur erfolgreichen Implementation neuer Technologien bildet häufig eine grosse Menge an Daten in guter Qualität. Deshalb ist die Digitalisierung der bestehenden Prozesse für die Erhebung der benötigten Datenmenge und -qualität von zentraler Wichtigkeit und bildet die Basis für eine effektive Modernisierung der Unternehmung.

Aktuelle Umstände als zusätzlicher Digitalisierungskatalysator?

Die Entwicklungen im ersten Halbjahr 2020 haben für viele Marktteilnehmern die Relevanz einer gut ausgebauten IT-Infrastruktur, digitaler Prozesse mit «end-to-end»-Verschlüsselung und digitaler Angebote deutlich sichtbar gemacht. Folglich wäre es durchaus möglich, dass sich die vergangenen Monate verstärkend auf den Verlauf der Digitalisierung des Finanzplatzes auswirken und gleichzeitig eine Entwicklung hin zu Technologieunternehmen bewirken, welche neue Standards schaffen und die Kundeninteraktion auf das nächste Level heben. Sicherlich ist dieser Prognose aber mit einer gewissen Vorsicht zu begegnen, denn es gilt auch weiterhin den Kunden in vielerlei Hinsicht zu schützen - so wie die Öffentlichkeit dies auch bereits von Social Media Unternehmen fordert. Es bleibt also viel zu tun für die Finanzdienstleister von morgen.

08.10.2020