Konsequenzen aus der Credit Suisse-Krise
Die Krise und der Zusammenbruch der Credit Suisse haben erneut aufgezeigt, wie kritisch effektive Governance- und Aufsichtsstrukturen für die Stabilität systemrelevanter Finanzinstitute sind. Gerade in komplexen Organisationen besteht die Gefahr, dass diffuse Verantwortlichkeiten zu Führungsversagen führen, ohne dass eine wirksame Sanktionierung möglich ist. Könnte ein Senior Managers Regime (SMR) für diese Problematik eine geeignete Lösung darstellen?
Senior Managers Regime – Potenzial und Herausforderungen
Klare Verantwortlichkeiten als Schlüssel
Im Zentrum eines solchen Regimes steht die eindeutige Zuweisung von Verantwortlichkeiten auf höchster Managementebene. Aktuell sind diese Zuständigkeiten häufig nicht ausreichend genau definiert. Ein SMR könnte durch Instrumente wie das «Statement of Responsibilities» für Klarheit sorgen, indem Aufgaben, Entscheidungsbefugnisse und Verantwortungsbereiche einzelner Führungskräfte präzise dokumentiert werden. Ergänzend könnte eine «Management Responsibilities Map» (MRM) die interne Organisationsstruktur transparent darstellen und dadurch sowohl die interne Steuerung als auch die externe Aufsicht erleichtern.
Stärkere Rechenschaft und internationale Anschlussfähigkeit
Neben klar definierten Zuständigkeiten wäre auch eine gestärkte individuelle Rechenschaftspflicht ein wesentlicher Vorteil eines SMR. Erfahrungen aus Grossbritannien zeigen, dass Führungskräfte sich unter solchen Bedingungen proaktiver mit Risiken auseinandersetzen und schneller reagieren. Es bleibt jedoch zu klären, ob ein ähnliches Modell in der Schweizer Kultur und Unternehmenslandschaft ebenso wirksam wäre. Auch aus Sicht der internationalen Wettbewerbsfähigkeit könnte die Einführung eines SMR in diesem Zusammenhang attraktiv sein. Nebst Grossbritannien existieren ähnliche Modelle beispielsweise auch bereits in Irland. Durch die Übernahme vergleichbarer Standards und der damit verbundenen Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen könnte das Vertrauen internationaler Investoren und Aufsichtsbehörden in den Schweizer Finanzplatz weiter gestärkt werden.
Gezielte Steuerung von Vergütungsanreizen
Ein häufig kritisierter Bereich, der ebenfalls von einem SMR profitieren könnte, ist die Vergütungssteuerung. Malus- und Clawback-Systeme bieten die Möglichkeit, Fehlanreize durch variable Vergütungen gezielt zu reduzieren. Allerdings wäre hierbei zu prüfen, wie praxistauglich und effektiv diese Instrumente im Schweizer Kontext tatsächlich wären und welche Risiken dabei berücksichtigt werden müssen.
Umsetzungsrisiken - Kosten-Nutzen-Betrachtung eines SMR
Neben den potenziellen Vorteilen sind jedoch auch die mit der Einführung eines SMR verbundenen Herausforderungen zu beachten. Hierunter fallen insbesondere der erhöhte administrative Aufwand und mögliche Haftungsrisiken für Führungskräfte. Diese Risiken würden sich möglicherweise durch rechtliche Klarstellungen und organisatorische Anpassungen minimieren lassen. Die wesentliche Frage ist jedoch, ob der zu erwartende Nutzen eines solchen Regimes die anfänglichen Umstellungskosten tatsächlich überwiegt.
Fazit – es verbleibt weiterer Klärungsbedarf
Die Überlegungen rund um ein Senior Managers Regime zeigen, dass gezielte Verantwortungszuweisungen und eine höhere Transparenz im Management wesentliche Hebel für mehr Stabilität und Vertrauen im Finanzsektor sein könnten. Gleichzeitig ist klar, dass eine solche Reform nicht ohne sorgfältige Vorbereitung und eine kritische Analyse der Rahmenbedingungen umgesetzt werden kann. Insbesondere die Frage, ob die angestrebten Verbesserungen die damit verbundenen Anpassungskosten und potenziellen Unsicherheiten rechtfertigen, bleibt offen.
Vor einer möglichen Einführung gilt es daher, sowohl die strukturellen Voraussetzungen als auch die kulturellen Besonderheiten des Schweizer Finanzplatzes eingehend zu berücksichtigen. Erst wenn diese Aspekte ausreichend beleuchtet und adressiert sind, kann entschieden werden, ob ein SMR tatsächlich einen nachhaltigen Mehrwert für die Governance und Aufsicht in der Schweiz bietet.